Die jüngsten Umstände haben mich zum Kassenpatienten gemacht. Eigentlich wollte ich ja jammern, denn bisher war ich privatversichert. Da ist man privilegiert. Dann erzählte ein Kollege, dass er demnächst knapp die Hälfte seiner Rente nur für seine private Krankenversicherung ausgeben muss. Außerdem meinte die beste Hausärztin von allen, ich soll mal froh sein, denn falls ich mal chronisch krank werden sollte, könne das als Privatpatient auch schnell mal im Ruin enden und außerdem würde sie den privaten Versicherungen sowieso mal nur noch ein paar Jahre geben.
Jetzt habe ich zum ersten Mal die Leistungen meiner neuen Versicherung in Anspruch genommen. Ich habe mir meine regelmäßige Ration Medikamente geholt. Früher ging das so: Ich rufe bei der Ärztin an, diktiere der Dame am Telefon, was ich haben will, fahre später vorbei, hole das Rezept, kaufe die Medikamente, bezahle sie komplett selbst, bekomme das Rezept mit Quittungsaufdruck zurück, bekomme irgendwann eine Rechnung über dreiachtzig für das Rezept, bezahle die und schicke beides zur Versicherung, die mir dann die Kosten erstattet. Heute ging das so: Ich rufe bei der Ärztin an, diktiere der Dame am Telefon, was ich haben will, fahre später vorbei, hole das Rezept, kaufe die Medikamente, bezahle 15,- Euro, bekomme das Rezept nicht zurück, bekomme keine Rechung von der Ärztin und werde die 15,- Euro auch nicht erstattet bekommen.
Außer der 15,- Euro habe ich bisher also noch keine negativen Auswirkungen verspürt, die mein Abstieg in die untere Klasse der bundesrepublikanischen Zweiklassen-Medizin angeblich nach sich ziehen soll. Soweit finde ich das gut zu ertragen. Aber ich brauchte ja auch noch keine ärztliche Hilfe.
holgi, 30. April 2013, 10:21
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Für die Wiedererrichtung der Monarchie! Alleine schon wegen der leicht verständlichen Transparenz: Alles passiert, weil seine Majestät es so will.
holgi, 30. April 2013, 01:17
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Ein Tag. Drei Sendungen an drei Orten. Vier Stunden Anfahrt, Vorgespräche, Nachgespräche und Abfahrt. Sieben Stunden Nettospielzeit. Elf Stunden Aufwand mit reichlich Konzentration auf ungefähr 20 verschiedene Menschen. Trotzdem bin ich hinterher hellwach, habe nicht das Gefühl, mich überhaupt auch nur angestrengt zu haben und könnte problemlos nochmal dasselbe Programm machen. Verbringe ich dieselbe Zeit ähnlich strukturiert im Büro, selbst wenn der Job sehr interessant und abwechslungsreich ist, bin ich hinterher erschöpft.
Gebt mir ein Mikrophon!
holgi, 26. April 2013, 13:49
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Die ganze Pubertät, damals das halbe Leben, fällt zusammen zu gerade mal einer Handvoll Songs. Die sind dann aber auch in der Lage, fast fotografisch genaue Bilder im Kopf entstehen zu lassen, längst vergessene Namen und die dazugehörigen Gesichter in Erinnerung zu rufen, sogar Stimmen und Gerüche zurück zu holen. Und manchmal sind das reichlich
banale Songs.
holgi, 15. April 2013, 01:50
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Ich habe nur recht wenige selbstauferlegte Regeln. Entsprechend ärgerlich bin ich jedesmal, wenn ich eine davon, versehentlich oder weil ich dazu genötigt wurde, breche. Heute ärgere ich mich darüber, öffentlich von Leuten gesprochen zu haben, die der Rede nicht wert sind. Man will schließlich vermeiden, dass solche Leute sich für einflussreicher halten oder gehalten werden, als sie tatsächlich sind.
holgi, 7. April 2013, 20:59
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Seit ich
weiss, dass die EU oder Merkel oder Schäuble oder sonstwer, die Märkte™, die Troika oder meinetwegen auch die Quadriga oder Steinbrück, falls den überhaupt irgendjemand wählt, nichtmal davor zurückschrecken würden, mein wirklich kleines Kleinsparerbuch zu plündern, um das Geld irgendwelchen reichen Leuten in ihre ohnehin schon gestopften Hintern zu schieben, was man heutzutage "Bankenrettung" nennt, treibt mich die Frage um, was ich denn wohl unternehmen könnte, um meine Kohlen auf eine solche Weise dem Zugriff dieser Leute zu entziehen, dass sie wenigstens nicht weginflationieren, was sie unter der Matratze ja sicherlich noch schneller als auf der Bank tun würden, weshalb es eine doofe Idee sein dürfte, das Geld einfach abzuheben und rumliegen zu haben.
holgi, 20. März 2013, 16:25
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November 2012
Der Versuch, einen DriveNow-Mini zu öffnen, schlägt fehl. DriveNow informiert mich umnittelbar per SMS, dass es ein Problem mit meiner Kreditkarte gäbe. Ich rufe die Kreditkartenfirma an. Die sagen, sie hätten ungewöhnliche Abbuchungen bemerkt und die Karte sofort gesperrt. Kurzer Abgleich der letzten Umsätze zeigt vier Betrugsversuche, davon einer über EUR 250,- von einer Firma "Edreams, Barcelona". Die Karte bleibt gesperrt, ich bekomme eine neue zugesandt.
Januar 2013
Ich wundere mich darüber, dass die Betrugssummen noch nicht gutgeschrieben sind und frage bei der Kreditkartenfirma nach. Anscheinend hatte ich nicht mitbekommen, dass ich auch nochmal schriftlich reklamieren muss. Ich hole das per Fax nach.
Februar 2013
Die Betrügereien sind erstattet worden. Ende des Monats bekomme ich ein dubios anmutendes Schreiben einer "Intrum Justitia GmbH", die mich "erinnert", dass ich EUR 250,- zu zahlen hätte und gleich mal "Unverzinsliche Kosten" in Höhe von EUR 75,- aufschlägt.
Die Firma gibt an, die Forderung sei bei ihrem "Kunden" ausstehend. Als Gläubigerin benennt das Schreiben die "Intrum Justitia GmbH". Kunde der Inkassobude ist also die Inkassobude selbst. Der Forderungsgrund ist eine unverständliche, nicht googlebare Abkürzung.
Eine elektronische Stimme unter der Telefonnummer, unter der man angeblich "Mo. - Fr. 08:00 - 18:00" jemanden erreichen soll, behauptet, ich rufe um 09:30 Uhr außerhalb der Bürozeiten an. An einer zetralen Einwahlnummer, die ich im Netz gefunden habe, kann man mir immerhin sagen, worauf die Forderung basiert. Auf dem längst reklamierten Kreditkartenbetrug. Die Inkassobude versucht also, EUR 75,- einzunehmen, indem sie im eigenen Auftrag Geld aus einem Kreditkartenbetrug einzutreiben versucht. Bemerkenswertes Geschäftsmodell.
Ich rufe meine Kreditkartenfirma an. Die sagen, ich soll ihnen die "Zahlungserinnerung" schicken und die Sache vergessen.
Ich bin gespannt.
holgi, 28. Februar 2013, 17:45
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Langfristige Imagekampagne für einen Radiosender im Rhein-Main-Gebiet: Jeden Tag von 12.00 Uhr bis 19.00 Uhr ist ein Reporter mit dem ÖPNV-Bus in der Stadt unterwegs. Wer in den Bus, in dem der Reporter sitzt, reinruft: "Busfahrer, zieh die Jacke aus!", gewinnt einen wertigen Merchandisingartikel, den es entweder ausschließlich bei dieser Aktion zu gewinnen gibt, oder der aus anderen Gründen für die Hörerschaft von besonderem Wert ist (vgl. die "Fritz-Wollmütze"). Pro Tag wird nur einmal verlost, danach geht der Reporter nachhause, dafür wird aber auch wirklich jeden Tag gespielt. Das kostet keine 400 Personentage und vielleicht 3000,- Euro für Sachpreise, also keine 70.000,- pro Jahr und kann zum Teil aus Programm-Mitteln gezahlt werden. Gemessen an der Wirkung, ist das ein lächerlicher Preis, zumal auf Plakatwerbung verzichtet werden kann.
Mittelfristig wird der Umstand eintreten, dass an jeder Haltestelle in jeden Bus hineingerufen wird: "Busfahrer, zieh die Jacke aus!" Mit etwas Geschick zwar regelmäßig, aber eher beiläufig im Programm, wie ein Running-Gag und nicht wie eine Major-Promo-Aktion, trägt die Nummer über mehrere Jahre. Menschen werden von weit her anreisen, nur um mal in einen Frankfurter Bus zu rufen. Falls es zu schnell zu heftig wird, kann man einfach behaupten, man hätte nicht damit gerechnet, dass es sich derart verselbständigt und dann noch eine große "Hört auf damit!"-Aktion fahren.
Der RMV wird euch hassen, manche Menschen werden gernervt sein, aber die allermeisten werden sich an euch erinnern als die epischsten Trolle, die je aus den Wäldern des Taunus runter nach Frankfurt gekommen sind.
holgi, 19. Februar 2013, 23:11
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So viele nützliche, gute Dinge sind dermaßen alltäglich, dass ich mir regelmäßig klarmachen muss, dass sie deshalb noch lange nicht selbstverständlich sind. Meist spende ich dann zuerst der Wikipedia.
holgi, 16. Februar 2013, 01:56
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"Und? Zufrieden mit MyTaxi?" fragt der Fahrer als ich in genau den Benz einsteige, den ich auch gerufen hatte. Ich sei durchaus zufrieden, es sei so komfortabel, aber "sollte nicht eigentlich ich Ihnen diese Frage stellen?" antworte ich. "Sehr zufrieden sind wir. Sowohl wir Fahrer als auch mein Chef. Nur die Taxizentrale nicht", sagt er. "Da arbeite ich normalerweise und fahre nur machnmal Taxi, wenn ich frei hab. Weil ich halt Spaß am Taxifahren hab."
Bei der Taxizentrale mitmachen zu dürfen, koste 120,- Euro im Monat. Für die Benutzung von MyTaxi würde sein Chef 93 Cent pro Buchung zahlen. Er habe zwar angeboten, das selbst zu zahlen, aber sein Chef ein kulanter. Die Kosten für die Taxizentrale entsprechen also in etwa den Kosten für 120 Fahrten, die von MyTaxi vermittelt werden.
Allerdings vermittle die Zentrale nicht ansatzweise so viele erfolgreiche Fahrten pro Auto, erzählt er mit Verweis darauf, dass er in der Zentrale ja an der Quelle säße. Mit MyTaxi habe man praktisch keine Leerfahrten, mit der Taxizentrale andauernd. Im Schnitt etwa vier Fahrten pro Schicht habe er durch die App - und fast alle Kunden seien sehr nett.
Vor MyTaxi hätten sie in der Zentrale 7000 bis 9000 Fahrten pro Monat vermittelt, heute seien das gerade mal noch 6000. Das könne aber auch daran liegen, dass die Menschen insgesamt weniger Geld hätten. Aber so richtig dran glauben wollten wir beiden Zufriedenen dann doch nicht.
holgi, 6. Februar 2013, 20:37
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Es gibt Speisen und Getränke, anhand derer ich mir einbilde, die Qualität von Restaurants und Bars beurteilen zu können. In höherpreisigen Gaststätten gehört das
Steak Tartare dazu.
Wenn hinreichend Geld übrig ist, treffe ich mich mit einem Freund im Entrecote in Mitte. Da verprassen wir unsere Kohlen dann für gutes Essen und guten Wein und sagen uns, dass wir auf diese Weise wenigstens schöne Erinnerungen haben, wenn wir uns das in Zukunft nicht mehr leisten können.
Neulich war ich im Grosz, diesem neuen Laden im Haus Cumberland. Auf der Karte stand das teuerste Tartar, das ich je gesehen hatte. Ich habe es trotzdem bestellt. Vielleicht, weil ein Pils auf nüchternen Magen mich irgendwie enthemmt hatte. Vielleicht wollte ich auch einfach so tun, als gehöre ich zur Jeunesse Doree Zehlendorfs, die in dem Laden vor sich hin altert. Da will man ja nicht nachstehen.
Das Tartar im Entrecote gefällt mir besser. Die machen da auch so eine fesche - und, wie mir der Kellner neulich erklärte, völlig überflüssige - Vorbereitungs-Show direkt am Tisch und faseln alle in Frongssösisch. Ausserdem ist es günstiger. Aber das war ausnahmsweise egal, denn ich wurde von einem wohlhabenden Menschen eingeladen, mit dem ich zu allem Überfluss auch noch Spaß hatte. Damit hatte ich gar nicht gerechnet. Weder mit dem Spaß, noch mit der Einladung. Insgeheim gehofft hatte ich das natürlich schon. Das mit der Einladung.
In beiden Läden finde ich die Bedienungen bemerkenswert angenehm. Ob das daran liegt, dass sie in den teureren Läden besser verdienen und darum, oder aus Einrichtungs- oder Qualitätsgründen besser gelaunt sind, oder ob sie einfach nur mehr Druck bekommen, weil Gäste von hochpreisigen Restaurants auch mehr Stil erwarten, habe ich noch nicht rausgefunden. Wären sie in Berliner Normalrestaurants so freundlich, wie sie es beispielsweise in Köln in gefühlt auch noch der letzten Kaschemme sind, würde mir das in Berlin vermutlich nichtmal auffallen. Wie unfassbar freundlich müssen dann erst die freundlichen Bediensteten in Kölner Hochpreisgaststätten sein?! Muss ich mal ausprobieren, wenn ich mal wieder dort bin. Mag mich jemand auf ein Tartar einladen?
holgi, 29. Januar 2013, 20:47
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